»iJam / Part II«
Objekte, Installation, Performance
»iJam« (engl., i: Ich und jamming: Improvisatives, musikalisches Spiel) meint einerseits Spielräume menschlicher Identitäten im Zeitalter des "defaktifizierten Daseins". In diesem Spielraum läge der Ausgang des Menschen aus seiner Geworfenheit ins Dasein in einen Möglichkeitsraum multipler Identitäten an wechselnden, realen oder virtuellen Orten. Dabei kann und muss in einer komplexen, interkonnektiven Lebenswelt mit unzähligen, unüberblickbaren Bezügen und Beziehungen navigiert werden, die sich nur schwer auf einfache Formeln des Beschreibens, Einordnens und Visualisierens bringen lassen.
»iJam« meint andererseits die Zwangslage (engl. jam, auch: Stau, Störung) des Menschen im Entscheidungsnotstand angesichts der Auflösung und des Verlustes traditionell ererbter und gewachsener Identität. Multiple choice im global erweiterten "Dasein als Design" als Verheißung individueller Selbstverwirklichung setzt das Zusammenspiel entsprechender sozio-kultureller, politischer und ökonomischer Bedingungen voraus. Sind diese nicht erfüllt, bleiben die Möglichkeiten im Stau der real existierenden Bedingungen stecken und übersteigern sich zu Verheißungen einer ideologisch instrumentalisierten, polit-ökonomischen oder religiösen Heilsversprechung.
In der Warteschleife zum individuellen Glück kennzeichnen Hyperaktivität, Aggression, Depression und Lähmung, Rückzug ins Innere, Entfremdung durch das Klischee und innere Zerrissenheit individuelle und kollektive gesellschaftliche Zustände.
Die Installation changiert in unterschiedlichen Zeit-, Medien-, Bezugs- und Realitätsebenen, die sich räumlich wie zeitlich an bestimmten Stellen real berühren, durchdringen und überlagern oder sich auch nur in unserer Wahrnehmung verknüpfen.
Parallel kreisende Loops zyklisch wiederkehrender, mediale Ereignisse akustischer, visueller und sprachlicher Repräsentationen sowie unmittelbar physisch anwesender Vorgäng scheinen sich gegenseitig zu bedingen oder in wechselseitiger Abhängigkeit miteiander zu stehen. Das läuft technisch, performativ oder in der Wahrnehmung ab.
Für die Betrachter bleibt dabei unklar, welche Ereignisse zusammenhängen, also bewusst verknüpft sind und was zufälliges Zusammenspiel ist. Was sind die tatsächlichen, kontrollierten Abhängigkeiten und Regelkreise? Alles wirkt bekannt, vertraut - woher? Was ist gedanklich projiziertes und erzeugtes Konstrukt? Reales und Fiktives kreist umeinander. Dabei stellen sich vertraute Fixpunkte als Durchgangs- oder Kreuzungspunkte heraus.
Sound
Der Sound besteht aus einem Live-Mix, der während der Performance
entstand. Ausgangsmaterial waren Kompositionen von Henning Christiansen
und Live-Material auf Vinyl, das in seinen Performances zusammen mit
Joseph Beuys und Nam Jun Paik aufgenommen wurde. Als weiterer
Bestandteil des Mixes kam vorproduzierter Sound von bp hinzu.
Im Rahmen der Performance mit Henning Christiansen in seiner Ausstellung Fluxid in Den Frie Udstillingsbygning
in Kopenhagen 2007, übergab Henning Christiansen Boris Petrovsky verschiedene
Tonträger mit eigenen Aufnahmen als Ausgangsmaterial für performante Weiterbearbeitung. In
seinem Sinne zirkuliert Musik in einem ewigen Kreislauf in der Welt,
was er als Tautologie bezeichnet. Sie kommt immer wieder auf sich
selbst zurück und verändert sich dabei. Henning Christiansen hat Teile
seiner Aufnahmen und Kompositionen immer wieder in neue Zusammenhänge
gestellt.